Wahlkreisrat trifft Robert Habeck
Am 2. Mai kam im Ex-Sultanmarkt in der Neustadt Flensburgs der Wahlkreisrat des Wahlkreises Flensburg – Schleswig zum Austausch mit Robert Habeck zusammen.
Dabei ging es einerseits darum, ihm einen Eindruck von den Wahlkreistagen zu vermitteln, an denen er aus terminlichen Gründen kurzfristig nicht hatte teilnehmen können. Andererseits ging es um inhaltliche Fragen, auf die sich die Teilnehmenden im Vorhinein verständigt hatten.
Erfahrungen aus den Wahlkreistagen als Gesellschaftsanalyse
Zunächst berichteten die zwei unmittelbaren Sitznachbar:innen Habecks von den Wahlkreistagen. Eindrücklich sei es gewesen, erzählte Renate, die beim Wahlkreistag im Juni 2023 dabei war. Sie sei schon etwas politikverdrossen gewesen, das Treffen habe ihr aber klar gemacht, wie wichtig Politik doch sei. Es hätte auch ihr Interesse geweckt, sich wieder mehr zu engagieren. Auch das Gespräch mit dem Abgeordneten Stefan Seidler (SSW) habe sie als sehr angenehm und spannend empfunden. Mit großer Begeisterung berichtete sie vom Austausch unter den Teilnehmenden am Tag, sowie der überregionalen Abschlussveranstaltung in Berlin, an der sie auf Teilnehmende aus anderen Projektwahlkreisen sowie weitere Abgeordnete traf. Für Friedemann, den zweiten Sitznachbarn Habecks an diesem Abend, sei besonders außergewöhnlich gewesen, mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu treten. In der Vorstellungsrunde noch habe er ständig gedacht: “Ah, so einer ist das”, und die Leute dann in entsprechende Schubladen getan. In den Diskussionen habe er dann aber plötzlich gemerkt, wie auch andere Standpunkte ihre Berechtigung haben und auch wenn er nicht allem zustimmte, konnte er so am Ende viel besser verstehen, warum Menschen zu bestimmten Themen unterschiedlicher Meinung sind.
Für Robert Habeck waren die beiden Beschreibungen schon fast so etwas wie eine Analyse der aktuellen gesellschaftlichen Lage. Es sei immens wichtig, dass es auch weiterhin Orte gibt, an denen Menschen mit ganz unterschiedlichen Meinungen aufeinandertreffen und miteinander in den Austausch treten. Zumal die Orte, an denen dies klassisch geschehen ist, zum Beispiel früher in der Kirche, diese Funktion nicht mehr gleichermaßen ausfüllen würden. Gerade vor diesem Hintergrund seien Bürgerräte und auch der Wahlkreistag besonders wertvoll.
Was die Menschen im Wahlkreis bewegt
Im Anschluss an die kurzen Einführungen zu den Wahlkreistagen wurde über drei Schwerpunktthemen diskutiert, die sich im Vorfeld aus der Frage ergeben hatten: Was sind die drängendsten/wichtigsten Fragen, die ihr gerne mit eurem Bundestagsabgeordneten diskutieren wollt?
Wenig verwunderlich ging es um Wirtschaft und Klimaschutz – Themen für die Habeck als Minister verantwortlich ist – aber auch um soziale Absicherung und die Demokratie. Große Themen, für die jeweils nur wenig Zeit war. Dennoch kam es gerade beim Thema Wirtschaft und Klimaschutz über die Stromkosten auch zu ganz konkreten Fragen, z.B. zu überteuerten Stromkosten aufgrund von Verträgen mit langen Laufzeiten, die an Wärmepumpen gekoppelt waren.
Beim Thema soziale Absicherung wurde es emotional, denn eine Teilnehmerin berichtete davon, dass sie als Mensch mit psychischer Erkrankung nur über eine Behindertenwerkstatt arbeiten könne und hier nur ein Zwölftel des Mindestlohns verdiene. “Gerade für Menschen, die eh schon das Gefühl haben, nichts wert zu sein, ist es besonders hart, für 1,20 Euro die Stunde zu arbeiten! Im Grundgesetz steht doch, dass alle Menschen gleich sind!”. “Das ist tatsächlich beschämend”, antwortete Habeck und bat seinen Wahlkreismitarbeiter zu diesem Thema ein Treffen mit entsprechenden Trägern und Betroffenen in der Region zu organisieren.
Beim letzten Thema ging es um die große Sorge der Teilnehmenden, dass gerade auch in der Jugend eine immer stärkere Polarisierung in Bezug auf politische Themen wahrgenommen werde. Habeck stimmte dem zu, betonte aber auch, dass dies kein rein deutsches Problem sei und im Verhältnis zu Ländern wie den USA der Diskurs auch in den Medien noch wesentlich differenzierter sei. “Politik muss mehr erklären!” sagte ein Teilnehmer und betonte dabei, dass Habeck das im Gegensatz zu vielen anderen Politiker:innen ja schon viel mache.
Klimageld und Atomendlagersuche
Zum Abschluss erläuterte Linus Strothmann, Projektleiter von Hallo Bundestag und Wahlkreispate für diesen Wahlkreis, dass die Abgeordneten sich auch selbst Themen aussuchen könnten, bei denen ihnen das moderierte Feedback aus einer vielfältigen Gruppe wie dem Wahlkreisrat besonders wichtig sei. Habeck kamen dabei sofort zwei Themen in den Sinn: Einerseits interessiere er sich noch aus seiner Zeit als Mitglied in der Endlagerkommision sehr für die Diskussion um einen Endlagerstandort für Atommüll, auch wenn es dazu ja eigene Beteiligungsformate gebe. Eine andere Frage, die ihn umtreibe, sei, wie man mit einem Instrument wie dem Klimageld mehr Gerechtigkeit in der Klimatransformation erreichen könnte. Sollten es alle Menschen in Deutschland erhalten? Sollte es in gleicher Höhe an alle ausgezahlt werden? Und wenn eine dieser Fragen mit “nein” zu beantworten sei: Nach welchen Kriterien sollten Auszahlungen von Klimageld geregelt werden?
Abschluss
Zum Abschluss bedankte sich Robert Habeck für die anregende und angenehme Diskussion. Am Ende war er eine halbe Stunde länger geblieben als geplant und musste nach einem kurzen Videostatement und dem Gruppenfoto dann tatsächlich zum Dienstwagen rennen, um den Folgetermin noch zu schaffen. Die Teilnehmenden konnten den Abend bei einem kleinen Abendessen etwas entspannter ausklingen lassen, planten ihre gemeinsame Reise nach Berlin und tauschten Nummern aus. Der Wahlkreisrat möchte sich nun öfter treffen. Ob nun mit oder ohne Abgeordnete, denn am Ende ist der Austausch mit Menschen, die ganz anders sind als man selbst, eben nicht nur selten und wichtig, sondern auch bereichernd und macht Spaß.